Mittelalterliche Ursprünge
1218 wurde die Eppinghover Mühle erstmals erwähnt (Bremer 30, S. 190), existierte aber vermutlich schon vor 1200. Damit ist die Eppinghover Mühle entstehungsgeschichtlich nicht weit von der ältesten, 1195 erstmals in Urkunden auftauchenden Epges(=Äbtissinnen) Mühle im heutigen Neusser Stadtgebiet entfernt. Es war eine Klostermühle und gehörte zum Gerresheimer Kanonissinnenstift. Das Stift bewirtschaftete in Holzheim einen Hof mit zugehörigem Hofesgericht. Alle Höfe in Holzheim mussten ihr Getreide in Eppinghoven mahlen lassen.(Emsbach / Tauch 1986, S. 187).
1231 wurde die Mühle erneut erwähnt. Der Gerresheimer Besitz in Holzheim ging in diesem Jahr auf dem Tauschweg an das Zisterzienserinnenkloster Saarn (heute Stadtteil von Mülheim/Ruhr). Von Saarn aus wurde in Holzheim acht Jahre nach dem Erwerb des Holzheimer Besitztums das Kloster Eppinghoven gegründet. Es ersetzte aus unbekannten Gründen eine 1214 in Kaarst durch Saarn gegründete Niederlassung. Zugleich mit der Verlegung wurde Eppinghoven 1237 vom Mutterkloster Saarn abgekoppelt. Eppinghoven wurde damit ein mittelalterlicher Standort der Zisterzienser im Rheinland und dürfte sich damit einordnen in die mit starker landwirtschaftlicher Orientierung verbundene Tradition des Ordens. Die Eppinghover Klostermühle wird dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.
Ab 1650 war das Kloster ein adliges Damenstift. Die Abteigebäude wurden ab 1695 erneuert. Die Wirtschaftsgebäude folgten ab 1768. Südlich, zur Mühle gelegen entstand 1710 das Torhaus zum Klosterkomplex.
Ob zu dieser Erneuerung auch die Mühle gehörte ist ungewiss. Ein im Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland aufbewahrter Plan von 1804 zeigt vor dem 1710 errichteten Torhaus zwei Mühlen. Dargestellt ist eine Ölmühle als Teil einer vierseitig um einen Innenhof geschlossenen Gebäudegruppe und eine davon getrennte Kornmühle direkt an der Erft. Seit wann die Ölmühle die Kornmühle ergänzte, ist nicht bekannt.
Die Ölmühle wurde angetrieben durch einen westlich von Kloster und Mühle abzweigenden Nebenarm der Erft, der auch um das Klostergelände herumführte und im Osten erst nahe der Erprather Mühle in den Hauptstrom wieder einmündete. Dieser Nebenarm wurde mit einem Abzweig südlich der Wirtschaftsgebäude, also an der Eingangsfront zum Klostergelände mit Torhaus und dann auch an der Ölmühle vorbei geführt.
Die Kornmühle auf der Karte von 1804 wird deren mittelalterlichen Standort anzeigen.
Interessant ist die Gebäudedisposition mit der Zuordnung der Mühlen am Klostereingang. Die Erft und der vor dem Torhaus fließende Mühlengraben konnte auf Brücken überquert werden. Mag sein, dass in der Disposition von Kloster und Mühlengebäuden fortifikatorischen Gründe eine Rolle spielten, in dieser offenen Landschaft mit einem stets bei kriegerische Auseinandersetzungen gefährdeten Ort, etwa 5 km südlich vor Neuss.
Die Mühlenanlage des 18. Jahrhunderts
Die Karte von 1804 bildet aber einen in dieser Zeit nicht mehr existierenden Zustand ab. Inzwischen war, Ende des 18. Jahrhunderts das Mühlenpaar in einem Gebäude zusammengefasst worden. Eine Karte von 1870 im Archiv des Erftverbandes zeigt diese Situation.
Der Bau vom Ende des 18. Jahrhunderts ist das bis heute baulich gut überlieferte zweigeschossige Gebäude mit hohem Krüppelwalmdach. Das in Backstein gemauerte Gebäude ist weiß geschlämmt und wird geprägt durch vier über die ganze Gebäudehöhe sich erstreckende Pilaster. Die segmentbogigen Fenster werden von Klobensteinen für die Anbringung von Fensterläden begleitet. In der neunachsigen Fassade werden die mittleren drei Achsen als Mittelrisalit mit Dreiecksgiebel hervorgehoben. Dieser Gebäudeteil wird zusätzlich betont durch eine Fensterumrahmung mit Schneckenwerk und Verdachung in Naturstein für ein Rundfenster (Okuli) im Giebeldreieck. Mittig darunter ist ein Inschriftenstein eingelassen, auf dem sich die Mühlenbetreiber und ihre Mühle „unter den Schutz Gottes“ stellen.
Zur Gesamtanlage gehören rückwärtige Nebengebäude. Sie sind wie die alte Ölmühle um einen Hof angeordnet und gehören mit Torhaus, Stall- und Lagergebäuden noch zur Bauzeit des späten 18. Jahrhunderts.
Das erhaltene Gebäude des späten 18. Jahrhunderts vereinigte Öl- und Mahlmühle. Die Wasserräder befanden sich wahrscheinlich an den nördlichen und südlichen Giebelwänden. Noch 1841 ist von dieser Art Doppelantrieb am Haupt- und Nebenfluss die Rede. Am Nebenfluss gab es ein, am Hauptfluss drei Gerinne.
Besonders beeindruckend waren die auf Fotos überlieferten Wasseranlagen auf der Südseite. Der Nebenarm konnte hier mit seinem Wasserstand durch eine Flut- oder Freiarche geregelt werden. Auf überlieferten historischen Fotos hatte die Freiarche vier Schütztafeln. Mit den Tafeln konnte das Wasser auf die vermutlich dem Südgiebel vorgelagerten drei Gerinne geleitet werden. Eine derartige Situation ist heute noch ähnlich bei der Zievericher Mühle zwischen Bergheim und Paffendorf erhalten geblieben. Das Wasser ergoss sich über die Schütztafeln der Freiarche in einen, der Mühle bis heute auf der Südseite vorgelagerten Mühlenkolk. Die Freiarche, wie auch die Gerinne für vermutlich drei Wasserräder und Spuren der Wasseräder im Nordgiebel sind nicht erhalten, weil dieser einsturzgefährdete Giebel 1980 erneuert werden musste.
Eppinghover Mühle im 19. / 20. Jahrhundert
Mit der Säkularisation und der Privatisierung des Kloster- und Kirchenbesitzes erwarb 1803 der Neusser Kaufmann und Gutsbesitzer Bartholomäus Kamper die Mühle. Nachträglich wurde in den Mittelrisalit ein Inschriftenstein in die Fassade eingelassen: „Bartol Kamper und seine liebe Gattin Cornelia Rottels in Neuss befehlen ihre hieseigen Gebäulichkeiten dem Schutze Gottes“. Über der Inschrift schwebt im Strahlenkranz das Auge Gottes.
1850 wurden Kloster und Mühle „königlich“. Leopold I. (1790-1865), König von Belgien hatte das ganze Anwesen erworben und seiner Favoritin Arcadia Meyer übergeben, die sich zukünftig Baronin von Eppinghoven nannte. Seit 1867 wurde die Mühle auch mittels Dampfmaschine, mit einer Leistungskraft von 25-30 PS betrieben.
1905 übernahm der (Düsseldorf-) Gerresheimer Glashüttenbesitzer Walter Christian Heye die Gesamtanlage. In dieser Zeit erfolgte ein durchgreifender Umbau der Mühlentechnik in der weitgehend bewahrten barocken Umhüllung. Die Klosteranlage wurde Fabrikantenwohnsitz und blieb dies bis heute mit wechselnden Eigentümern. 1981 erwarb der Neusser Unternehmer Jürgen Pierburg Kloster und Mühle Eppinghofen, bewohnte das Kloster bis 2002 und verlegte dann aus steuerlichen Gründen seinen Wohnsitz in die Schweiz. Eigentümer wurde dann der aus einer holländischen Textilhändlerfamilie (C & A) stammende Dominik Brenninkmeijer. Bis heute werden die Klostergebäude durch die Familie Brenninkmeijer bewohnt, während die Mühle ungenutzt im Zustand des 19. Jahrhunderts verharrte.
Seit etwa 1906, also aus der Zeit stammend, als der Glashüttenfabrikant Heye Kloster und Mühle besaß, besteht der Innenausbau aus drei von zwei Reihen Holzstützen getragenen Holzdecken. Von einer Francis-Turbine trieb eine Königswelle ein großes, liegendes Stirnrad und mit Riemenübertragung einen Generator (Fa. Schuch / Rheydt). Der Zulauf zur Turbine wurde über einen dem Mühlengebäude knapp vorgelagerten Schütz geregelt. Die Konstruktion zur Betätigung der beiden Zahnstangen und die zugehörige Rahmenkonstruktion aus Stahlprofilen sind erhalten. Sie befinden sich direkt der Fassade vorgelagert im südlichen Feld des Mittelrisalits. Die weitere erhaltene Innenausstattung besteht aus zwei Holz- und einem späteren Backsteinsilo. Auf dem Holzsilo verweist ein Firmenblechschild auf den Hersteller: „H. Franz Masch.- und Mühlenbauanst. Neuss a. R.“
Im Äußeren spiegeln sich die Veränderungen des 19. Jahrhunderts in zwei Roll-Holztoren, die sich auf eine dem Risalit und dem südliche Flügel vorgelagerten, in Beton erbauten Rampe öffnen. Im Nordflügel wurde eine Toreinfahrt in Backsteinmauerwerk zugesetzt und mit einer schmalen Tür ausgestattet. Dieser Flügel wurde zweitweise zu Wohnzwecken genutzt. Aus späterer Zeit dürfte das doppelflügelige Rechtecktor im Mittelrisalit stammen.
Die Eppinghover Mühle verkörpert eine weitgespannte Mühlengeschichte als Kloster- und Zisterziensermühle mit einem repräsentativen Ausbau des 18. Jahrhunderts als das Mühlengebäude die Klosterzufahrt im Osten flankierte und neu definierte. Verbunden ist das Mühlengebäude mit einer erhaltenen, interessanten Ausstattung des frühen 20. Jahrhunderts. Anschaulich überliefert ist auch die landschaftliche Einbindung mit Mühlenkolk und Mühlengraben.
Literatur
- Bremer, Jakob: Die reichsunmittelbare Herrschaft Dyck, Mönchengladbach 1959, S. 150
- Bremer, Jakob: Das kurkölnische Amt Liedberg, Mönchengladbach 1930, S. 190f
- Emsbach, Karl/Tauch, Max: Kirchen und Klöster im Kreis Neuss, Köln 1986 S. 186ff
- Sommer, Susanne: Mühlen am Niederrhein, Köln/Bonn 1991
- Kreiner, Ralf: Städte und Mühlen im Rheinland. Das Erftgebiet zwischen Münstereifel und Neuss vom 9. Bis 18. Jahrhundert(=Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 5), Diss. Aachen 1995
- Lacomblet, Theodor Josef: Achriv für die Geschichte des Niederrheins 7 Bde, Düsseldorf 1832-1870, Neudruck Osnabrück 1968 (Bd. 6/7 Hg. Woldemar Harless)
- Mölich, Georg / Nußbaum, Norbert / Wolter-von dem Knesebeck, Harald: Die Zisterzienser im Mittelalter, Köln 2017
- NUB = Niederrheinisches Urkundenbuch = Lacomlet, Theodor Josef: Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Coln, der Fürstentümer Jülich, Berg, Geldern, Meurs, Cleve und Mark, und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden, 4 Bde, Düsseldorf 1840-1858 Neudruck Aalen 1966
- Vogt, Hans: Niederrheinischer Wassermühlen-Führer.(Hrsg.: Verein Niederrhein e.V.), Kleve, 2. Aufl. 1999
- Weidenhaupt, Hugo: Das Kanonissenstift Gerresheim, in: Düsseldorfer Jahrbuch 46 (1954), S. 1ff
Bilder Ne_02
Karte
Eppinghover Straße
41472 Neuss-Holzheim