Hammer Eisebahnbrücke (König-Wilhelm-Brücke), östlicher Brückenkopf

Geschichte

Östlich von Neuss und südlich von Düsseldorf liegt die Hammer Eisenbahnbrücke als einzige ihrer Art zwischen Köln und Duisburg.

Um den Standort einer Eisenbahnverbindung über den Rhein in diesem Raum wurde lange gerungen. Seit 1841 war Düsseldorf an das entstehende rechtsrheinische Eisenbahnnetz angeschlossen, das linksrheinische Neuss erhielt 1853 eine Verbindung westwärts nach Aachen, 1855 nach Köln im Süden und 1856 nach Krefeld im Norden.

Passagiere nach Düsseldorf konnten ab 1853 bis Oberkassel weiterfahren und mussten dort die Schiffsbrücke überqueren. 1859 wurde in Köln die erste feste Rheinbrücke mit Schienen- und Straßenverbindung fertiggestellt; zwischen Homberg und Ruhrort nördlich von Duisburg existierte seit 1856 eine sog. „Trajektanstalt“, d.h. eine Eisenbahnfähre.

Die Verhandlungen am Niederrhein zwischen den verschiedenen privaten Eisenbahngesellschaften und dem Staat, der am Rhein auch militärstrategische Interessen einbrachte, zogen sich über Jahre hin. Krefeld und Düsseldorf favorisierten eine Lösung nördlich von Neuss, die diese vom Hauptverkehr abzuschneiden drohte. Schließlich einigte man sich auf die heutige Stelle weit südlich von Düsseldorf, die zwar längere Trassen, aber weniger Hindernisse und einen kürzeren Brückenschlag ermöglichte.

Neuss, Eisenbahn-Rheinbrücke bei Hamm, Düsseldorf.
Quelle: Zeitschrift für Bauwesen Ausgabe .1872 

Der preußisch-österreichische Krieg 1866 unterbrach nochmals die Vorbereitungen, so dass erst 1867 mit den Arbeiten begonnen werden konnte. Federführend war dabei die im heutigen Wuppertal beheimatete Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft, die seit 1864 auch die Strecke Aachen-Düsseldorf betrieb.

Die zweigleisige Brücke wurde mit vier eisernen Bögen über den Fluss geführt. Zwischen den beiden massiven, turmbesetzten Widerlagern befanden sich drei Strompfeiler. Vor allem auf der linken Rheinseite musste ein Vorlandviadukt die Durchlässigkeit für Hochwasser im Auenbereich sicherstellen.

Turmbesetztes Widerlager, Drehbrücke, Sprengkammer
Quelle: Zeitschrift für Bauwesen Ausgabe .1872 

Eine Drehbrücke auf Mittelpfeiler sowie vorbereitete Sprengkammern sollten die Brücke im Kriegsfall unbrauchbar machen.

Die vier Brückenbögen wurden als Fachwerkträger mit gebogenem Obergurt konstruiert und vor Ort auf im Strom aufgestellten Hilfsgerüsten montiert. Beim Aufstellen des letzten Bogens kam es 1869 zu einem schweren Unglück. Da der zur Unterstützung von Schiffen beim Passieren der Baustelle dienende Dampfschlepper nicht verfügbar war, rammte ein Flussschiff die provisorischen Stützpfeiler. Ein Teil des Gerüstes und des unfertigen Bogens stürzten ein; 18 Arbeiter wurden getötet, zahlreiche weitere verletzt. Der Unfall verzögerte den Bau um ein halbes Jahr, so dass die Eröffnung in die Zeit des Deutsch-Französischen Krieges fiel. Wie drängend die Frage weiterer Rheinquerungen aus wirtschaftlicher Sicht geworden war, belegt, dass in den späten 1860er Jahren noch zwei Trajektfähren bei Bonn und Duisburg angelegt wurden. Bei Duisburg entstand dann auch die nächste Eisenbahn-Großbrücke.

Die Hammer Eisenbahnbrücke – die Benennung nach dem preußischen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm setzte sich nie durch – wurde um 1895 erstmals gründlich überholt; damals wurde linksrheinische Vorlandbrücke in Massivbauweise erneuert. Zunehmender Verkehr und steigendes Gewicht der Züge machten ab 1909 zunächst den Bau einer zweiten, parallelen Brücke oberhalb der exisierenden notwendig. Sie verfügte über vier Felder mit sog. „Deutschen Bögen“, d.h. gebogenen Fachwerkträgern, von denen die Fahrbahn abgehängt wurde.

Anschließend erhielt auch die ältere Brücke gleichartige Bögen, für die an Wiederlagern mehrere Meter tiefer neue Auflager geschaffen und die Strompfeiler entsprechend gekürzt werden mussten. Waren die Bögen 1870 noch bei der Brückenbauanstalt vorm. J. P. Harkort in Duisburg entstanden, so konnte nun auf die von der Firma Hein, Lehmann & Cie aus Berlin in Düsseldorf errichtete neue Konstruktionswerkstatt zurückgegriffen werden, die zu einem der bedeutendsten Betriebe ihrer Art im Westen Deutschlands werden sollte.

Erste (1870) und zweite (1911) Hammer Eisenbahnbrücke, um 1925, Quelle: Endmann (Hg.): Die Hammer Eisenbahnbrücke, 1989

Im Zweiten Weltkrieg wurden beide Brücken stark beschädigt und die Sprengungen unpassierbar gemacht. 1946 konnte der besser erhaltene ältere Brückenzug zunächst durch eine Notbrücke und dann durch Kombination erhaltener bzw. reparierter Bögen beider Brücken wieder benutzbar gemacht werden.

Ausschnitt aus Luftbild der Brücken 1955 bei Hochwasser, Quelle: Historisches Bildarchiv der Bundeswasserstraßen, Creative Commons Attribution 4.0 International License

Ende der 1970er Jahre wurde im Zuge des Ausbaus des S-Bahn-Netzes und der allgemeinen Erneuerung von der damaligen Bundesbahn der Ersatz der Brücke ins Auge gefasst. Von Seiten des Denkmalschutzes wurde für den vollständigen Erhalt der ältesten in Deutschland erhaltenen Eisenbahn-Großbrücke über den Rhein plädiert.

Schließlich wurde von 1984-1987 eine neue, viergleisige Brücke an der Stelle der zweiten, jüngeren Brücke errichtet, deren Reste dafür vollständig abgetragen wurden. Eine neue Brücke wurde an der Stelle der zweiten, südlichen, Brücke erstellt, wofür die alte südliche Brücke abgerissen und ausgeschwommen werden musste (Bild).

Abbau der älteren Brücke nach Fertigstellung der heutigen Eisenbahnbrücke, undatiert, Quelle: Historisches Bildarchiv der Bundeswasserstraßen, Creative Commons Attribution 4.0 International License

Die neue Brücke wurde als insgesamt 814 m lange Stabbogenbrücke mit Fachwerkversteifungsträger errichtet und stellt in ihrer Kombination von Längsträger und Bogen mit Abhängern eine der ungewöhnlichsten modernen Brückenlösungen am Rhein dar.

Nach langwierigen Verhandlungen konnte zu Beginn der 1980er Jahre schließlich zumindest der Erhalt der beiden älteren Brückenköpfe erreicht werden, die im Frühjahr 1987 in die Denkmallisten der Städte Neuss bzw. Düsseldorf eingetragen wurden. Der ebenfalls angestrebte Erhalt der westlichen Vorlandbrücke gelang jedoch nicht, zumal diese zwischen Widerlager und Viaduktstrecke durch ein von der jüngeren Brücke stammendes Balkenstück bereits unterbrochen war. Außerdem sprachen Naturschutz und Hochwassermanagement gegen einen Erhalt der Vorlandbrücke.

Beide historischen Brückenköpfe wurden von der Deutschen Bahn vor einiger Zeit an Privat verkauft. Die Aufbauten werden von einem Verein für Ritterdarstellung genutzt. Beide Fragmente sind in baulich schlechtem Zustand und teilweise durch Vandalismus wie Graffiti-Bemalung betroffen.

Beschreibung

Erste Hammer Eisenbahnbrücke, westlicher Brückenkopf und dritte Brücke (1987). Foto: Friedrichs 2021

Das westliche Widerlager der ersten Hammer Eisenbahnbrücke steht heute isoliert unterhalb der neuen Eisenbahnbrücke. Er besteht aus dem massiven Zwischenpfeiler, der auch die beiden Brückentürme trägt, sowie zwei nach Westen anschließenden massiven Backsteinbögen, die den Beginn der gleichartig gestalteten Vorlandbrücke bildeten. Diese beiden Bögen wurden bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg freigestellt, als westlich davon ein Fachwerkträger der benachbarten jüngeren Brücke hier eingefügt wurde.

Das Widerlager – auch als Zwischenpfeiler oder Brückenkopf bezeichnet – hat eine im Grundriss gestreckte Form und ist breiter als die anschließenden Brückenteile. Der untere Teil aus Backstein mit einem massiven Betonkern ist mit Werkstein-Kanten und Gesimsen versehen. Auf auskragenden letzten Landpfeiler erheben sich beiderseits des eigentlichen Brückenzuges die beiden vollständig mit heute nachgedunkeltem Sandstein verkleideten Flankentürme, die im Aufriss aus einer quadratischen in polygonale Grundform übergehen. Sie besitzen schießschacht-artige Fensteröffnungen und abschließende Zinnenbekrönung auf umlaufendem Konsolfries.

Die anschließenden Bögen – möglicherweise erst um 1895 erstellt – sind in ihren Wandflächen baulich saniert. Die segmentbogig überspannten Öffnungen werden durch verbreiterte Stützpfeiler begrenzt, deren Backsteinmauerwerk über massivem, abgerundetem Natursteinsockel durch sehr flächig gehalten ist. Das gesamte Widerlager wird oben an beiden Längsseiten über einem mächtigen Wulstgesims von einer steinernen Balustrade begleitet, die auch den vorspringenden Pfeilerköpfen folgt, wo sie auf einem Konsolfries aufliegt. Die aus der Festungsarchitektur entlehnte Gestaltung der Brückenköpfe bildete ursprünglich einen deutlichen Kontrast zu den feingliedrigen eisernen Brückenbögen.

Internet

https://de.wikipedia.org/wiki/Hammer_Eisenbahnbrücke

Literatur und Quellen

  • Pichier: Die Verbindungsbahn zwischen Düsseldorf und Neuss mit Ueberbrückung des Rheinstroms oberhalb Düsseldorf, in: ZS für Bauwesen Jg. XXII, 1872, Sp. 238-250 u. Sp. 370-384
  • Platt: Der Umbau der Rheinbrücke in der Linie Düsseldorf-Neuss, in: Centralblatt der Bauverwaltung, Jg. XVIII (1898), Nr. 30, S. 351-353; Nr. 31, S. 364-366
  • Endmann, Karl (hg.): Die Hammer Eisenbahnbrücke. Ein Zeugnis des Großbrückenbaus, Darmstadt 1989
  • Scharf, Hans-Wolfgang: Eisenbahn-Rheinbrücken in Deutschland, Freiburg 2003
  • Frommert, Christian: „eine wirkliche Lebensfrage“ – 150 Jahre Hammer Eisenbahnbrücke 1870 bis 2020, in: Novaesium 2020, Seite 209-232
Erste Hammer Eisenbahnbrücke, westliches Turmpaar mit Ansatz der Vorlandbrücke. Foto: Friedrichs 2021

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