Kugelgasbehälter

Geschichte

Wie ein ruhender Pol liegt die grau-grüne Kugel inmitten einer scheinbar willkürlich zusammengewürfelten Ansammlung von Baumärkten, Gartencentern, Discountern und Kfz-Betrieben im Gewerbegebiet Weißenberg in Neuss. Schon von Weitem ragt sie hinaus über die monotone Hallenlandschaft ringsum und erinnert, frisch saniert, an eine Spezies, deren Ära zu Ende geht. Der Neusser Kugelgasbehälter an der Römerstraße ist einer der letzten seiner Art in Deutschland. Seine Technologie ist old-school. Aber er verdient immer noch Geld, weiß man bei den örtlichen Stadtwerken. 

Wohl auch deshalb hat man sich in Neuss entschlossen, das betagte Objekt fachgerecht zu sanieren, es neu zu beschichten und nicht vom Netz zu nehmen. Seit April 2012 leuchtet der füllige Oldtimer frisch gestrichen und in technisch einwandfreiem Zustand statt früher in Grau nun in milden Graugrün, fast so wie die Bäume um ihn herum. 

6250 Kubikmeter Raumvolumen umfasst sein stattlicher Bauch. 50 000 Kubikmeter Gas können darin eingelagert werden. So schützt er vor Engpässen, fungiert als Energiepuffer zwischen vorgelagertem Netz und Endverbraucher, fängt die Spitzenlast ab und entlastet das Netz des Vorlieferanten. Plakativ könnte man sagen: Die Kugel atmet. 

Als der Neusser Kugelgasbehälter in der 90er Jahren zuletzt saniert wurde, da hatte er bereits über 30 Jahre auf dem Buckel. 

Im Februar 1957 war er ans Netz gegangen. In fünf Monaten Bauzeit hatte das Unternehmen Neumann aus Eschweiler den 25 Meter hohen, 450 000 Kilogramm schweren Riesen errichtet. Eine Million Mark ließ sich die Stadt ihre Innovation kosten. Einen viel kleineren Behälter gab es da schon, der an der Römerstraße aber war immer der Größere.  

Das Innenleben des Kugelgasbehälters muss man sich als ein Geflecht von Verstrebungen vorstellen, die die kreisrunde Hülle halten. 48 Außenbleche mit einer Wandstärke von je 3 Zentimetern und 1000 Meter Schweißnaht sorgen für lückenlose Dichtigkeit. Die wird regelmäßig sorgfältig geprüft, früher durch Röntgenstrahlen, heute mithilfe von Ultraschall. 

Sein Durchmesser hat eine Länge von 22,8 Meter und was aussieht wie ein Gürtel um seinen Bauch ist eine Vorrichtung zur Befestigung einer Leiter. Sollte der Druck im Innern des Behälters zu hoch steigen, so lässt sich mithilfe eines Überdruckventils hoch oben auf der Kugel das Gas kontrolliert ablasen und entweichen.     

Gaskugelbehälter sind Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Heutzutage setzt man auf unterirdische Tanks oder Röhrenspeicher. Auch das Exemplar an der Römerstraße in Neuss ist nicht mehr für die Großkunden im Einsatz. So darf man gespannt sein, ob der sanftgrüne Oldie eine weitere Sanierung in 30 Jahren erlebt. Als ruhender Pol im Hallenwirrwar würde er fehlen.

Karte

Römerstraße 134
41462 Neuss