Nudelfabrik C.&F. Tosetti

Geschichte

Die Familie Tosetti gehörte zu einer Gruppe von oberitalienischen Händlern und Handwerkern, die sich Ende des 17. / Anfang des 18. Jh. im Rheinland niederließen. Die aus Como stammende Familie zog es zunächst nach Mainz wo sie genau wie die Familie Farina in Köln, mit Duftwässern handelte. Ihre Nachfahren lassen sich in der Folgezeit in Bonn und schließlich in Neuss nachweisen. Auch der Begründer des Neusser Familienzweiges Heinrich Anton Tosetti (* 1779 + 1861) stammte aus Mainz. Er heiratete 1807 die Neusserin Anna Sophia Mechtildis Rottels (+1786 + 1861). Nach dem Tod ihrer Eltern gründeten die beiden Söhne Caspar (1821) und Franz (1826) 1863 die Firma C.&F. Tosetti „Nudel-Fabrik und Handlung in oberländischen Produkten“.

Reichverzierte Fassade des 2. Obergeschosses mit Mezzaningeschoss, Krangesims und Attika. Foto: Helmut Friedrichs, Neuss

Für die neu gegründete Firma errichtete man an der Neustraße einen Neubau, der rückwärtig durch die Fabrikations- und Lagerräume ergänzt wurde. Das repräsentative Wohn- und Geschäftshaus an der Neustraße 25, das wohl von Franz Tosetti erbaut wurde, gehörte zu den ersten Bauten in diesem Übergangsbereich zwischen der mittelalterlichen Stadt und der konzipierten Stadterweiterung im Westen. Es markiert mit den beiden etwa gleichzeitig erstellten Bauten Kanalstraße 1 und 2 den repräsentativen Auftakt zu diesem neuen Stadtviertel, dessen stadtplanerischen Vorgaben auf dem Stadtplan von 1873 dargestellt sind.

Die Fassade des Hauses, dessen Baujahr und Architekt nicht bekannt sind, wurde in einer für die Zeit um 1860 typischen Stilmischung gestaltet. Element klassizistischer, von griechischen Vorbildern beeinflusster Architektur und Bauteile die der Romanik und Gotik entliehen sind werden hier zu einem malerischen Entwurf zusammengefügt. Einen Hinweis auf die Funktion des Gebäudes, das sich zur Straße hin in die Wohnhausarchitektur des Straßenzuges einfügt, geben lediglich die beiden mittleren runden Embleme im Kranzgesims. Das linke stellt ein Zahnrad dar und verweist auf die hier betriebene Fabrikation. Das rechte ist etwas schwerer zu deuten. Es soll jedoch wahrscheinlich die Vorsatzscheibe einer Nudelmaschine darstellen, durch die die verschiedenen Nudelsorten ihre charakteristische Form erhalten.

Akroterion und eingerollte stilisierte Blüten als Bekrönung der Fensterverdachungen im 1. Obergeschoss. Foto: Helmut Friedrichs, Neuss

Über die weitere Entwicklung des Betriebes ist nichts bekannt. Lediglich die Vergrößerung der rückwärtigen Fabrikationsgebäude, für die 1898 ein Bauantrag eingereicht wurde, lässt auf ein florierendes Geschäft zu dieser Zeit schließen.

Durch den Einschlag einer Sprengbombe in der Nähe des Hauses kommt es im 2. Weltkrieg zu erheblichen Schäden im Inneren des Gebäudes, die die zwischenzeitlich zur Witwe gewordene Ehefrau von Franz Tosetti Mitte 1947 instand setzen lässt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Produktion jedoch schon eingestellt.

Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahren plant die Stadt Neuss die Verlängerung der Grünanlage entlang des Erftmühlengrabens bis zum Hamtorplatz und eines großen Parkplatzes am Hamtorwall. Diese Planung wurde 1965 in einen Bebauungsplan überführt, der langfristig den Abriss der Häuser Neustraße 23 und 25 vorsah. Während die Hausnummer 23 den Planungsabsichten zu Opfer fiel, blieb die Nr. 25 aufgrund strittiger Entschädigungszahlungen stehen. Das Gebäude wurde am 20.10.1993 in die Denkmalliste der Stadt Neuss eingetragen.

Literatur

  • M. Schulte Beerbühl, Von Wanderhändlern, Gauklern und Straßenmusikanten, in: GELATO! – Italienische Eismacher am Niederrhein, hrsg. v. C. Pause und M. Schulte Beerbühl, Neuss, 2017
Fassade des Hauses Neustraße 25. Foto: Franz-Josef Talbot

Karte

Neustraße 25
41460 Neuss