Ölmühle C. Thywissen

Geschichte

Am 1. Juli 1839 begründete Caspar Thywissen (1801-1879) in Neuss ein eigenes Unternehmen, aus der die bis heute als C. Thywissen GmbH in Familienbesitz befindliche Firma hervorging.

Thywissens in Aachen ansässiger Vater Heinrich Christian (1766-1833) hatte bereits 1813 beim Verkauf der städtischen Mühlen am Neusser Obertor vom französischen Staat eine Mühle erworben. Später kamen weitere Unternehmen dazu, so auch eine Wollspinnerei an der Mühlenstraße, wo 1827 die erste Neusser Dampfmaschine zum Einsatz kam.

Die Ölmühle am Obertor wurde 1834 mit Dampfkraft ausgestattet; eine weitere Ölmühle entstand 1837 an der Brückstraße: alle Betriebe waren in gemeinschaftlichem Besitz der Erben, bis sich Caspar Thywissen 1839 durch die alleinige Übernahme der inzwischen ebenfalls in eine Ölmühle umgebaute Fabrik an der Mühlenstraße von seinen Geschwistern löste; später übernahm er auch die Obertormühle. Er heiratete Sophia Kallen (1819-1889), aus einer Neusser Kaufmannsfamilie stammend, die ebenfalls die Ölmüllerei betrieb.

In seinen Fabriken setzte Thywissen auf moderne technische Ausstattung, etwa selbst entwickelte hydraulische Ölpressen, und löste damit die handwerkliche durch industrielle Produktion ab. Sein Unternehmen stieg bis 1864 zum größten seiner Art in Deutschland auf.

Bereits 1848 siedelte Caspar Thywissen für einige Zeit nach Köln über und betrieb auf dem Eigelstein eine Seifenfabrik, Ölhandlung und Lichtzieherei, errichtete eine Ölraffinerie und handelte mit Tran und Fett. In dieser Weise erweiterte die Familie immer wieder ihre unternehmerischen Aktivitäten.

In zweiter Generation übernahm sein ältester Sohn Wilhelm die Leitung des Neusser Unternehmens. Er setzte sich nicht nur als unbesoldeter Beigeordneter jahrzehntelang für seine Heimatstadt ein, sondern war einer der wesentlichen Initiatoren des 1894 begonnenen Hafenausbaus.

Ölmühle Casp. Thywissen (rechts), Landseite, um 1912. Quelle: Außem, W.; Der Rheinhafen Neuss, 5. Auflage 1912

Die Ölmühle C. Thywissen siedelte bereits 1908 auf das Gelände zwischen dem ersten und zweiten Hafenbecken um, wo es bis heute ansässig ist, zumal die alte Fabrik an der Mühlenstraße 1901 einem Großbrand zum Opfer gefallen war. Ölsaaten wie Raps und Sonnenblumenkerne konnten nun vom Schiff direkt in die Lagerhallen und zu den angeschlossenen Pressen transportiert werden.

Als in den 1930er Jahren die Speiseölversorgung als Teil der Kriegswirtschaft staatlich organisiert wurde, erhielt die Ölmühle Thywissen erhebliche Kontingente. Bei zunehmenden Kriegsschäden übernahm sie auch solche von nicht mehr produktionsfähigen Unternehmen. Gegen Kriegsende war aber auch die Ölmühle C. Thywissen stark zerstört. Mit Hilfe der Mitarbeiter konnte sie bis 1950 unter Einbeziehung erhaltener Anlagen und auch Bauteile weitgehend wieder aufgebaut werden.
Im Laufe der Jahrzehnte erwarb man eine Lack- und Firnisfabrik, Mälzereien und beteiligte sich an weiteren Firmen im Rheinland, die noch heute bestehen. In Kooperation wurden 2002 in Marl eine Biodieselfabrik, und 2009 eine Ölmühle mit angeschlossener Biodieselanlage in Verdun (Frankreich) errichtetet. Die Malzsparte wurde 2011 verkauft.

Die bauliche Geschichte des heutigen Standortes im Industriehafen begann in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Bau einer großen hölzernen Lagerhalle zwischen Hafenbecken 1 und Industriestraße. Nachdem diese abgebrannt war, ließ die Firma 1906 an der gleichen Stelle eine mit Backsteinwänden und stählerner Innenkonstruktion versehene Fabrikhalle errichten, die der bestehenden, heute noch benachbarten Halle des Futtermittelherstellers Müller & Inhoffen von 1909 glich. Beide Hallenkonstruktionen wurden von dem gegenüber angesiedelten Eisenwerk Wilh. Josten & Söhne erstellt.

Ölmühle Casp. Thywissen, Wasserseite, um 1912. Quelle: Außem, W.; Der Rheinhafen Neuss, 5. Auflage 1912

Für die Thywissen-Halle entwarf der renommierte Neusser Architekt Carl Schaumburg 1905 zwei Giebel in flächig-geschwungenen Jugenstilformen. Daran orientierte sich nur wenig später der noch junge Neusser Architekt Eugen Engels in seiner gleich dimensionierten, aber strenger strukturierten Fassade für die „Hessentormühle“ der Firma Müller & Inhoffen. Von dieser Fassade ist auf der Landseite noch eine Hälfte erhalten, während die Wasserseite nach dem Zweiten Weltkrieg in schlichtem Stahlfachwerk mit Backsteinfüllung erneuert wurde.

Die Mühle C. Thywissen wurde stetig erweitert und modernisiert. Auf dem beengten Gelände entstanden Anlage für neue Produktionsschritte immer dort, wo gerade Platz war. 1935/36 konnte ein zusammenhängender, weiterer Produktionsbereich im Norden ergänzt werden, der auch einen Silohochbau erhielt. Die Architektur mit ihren Backsteinfassaden ist geradlinig und schlicht.

Frühestens in den späten 1960er Jahren übernahm man das Gelände und die Bauten der benachbarten Firma Müller & Inhoffen. Ein Teil des inhomogenen Anlagenkomplexes wurde zur Stadt hin mit einer Metallwand mit dem Logo in verschiedenen Farben verdeckt. In den 1990er Jahren wurde auf der anderen Straßenseite ein aus zwei pavillonartigen Baukörpern zusammengesetztes neues Verwaltungsgebäude errichtet.

Internet

Literatur und Quellen

  • Verband der deutschen Ölmühlen (hg.): Die deutsche Oelmühlen-Industrie: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Verbandes der Deutschen Oelmühlen zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interesssen e. V., Berlin 1925, darin: C. Thywissen Oelmühle Neuß a. Rh. S. 226f.
  • Wilden, Josef: Firma C. Thywissen, Düsseldorf 1939
  • H.-J. Kallen, Die Neußer Industrien und ihre Unternehmer von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des ersten Weltkriegs, Diss. Tübingen 1973
  • Ullrich, Frank: Caspar Thywissen (1801-1879), in: Lebensbilder aus dem Kreis Neuss 4, Neuss, 1999, S. 58-73
  • Eyll, Klara von; Kuhlmann, Bernhard: Caspar Thywissen 1839 – 1989; fünf Generationen unternehmerisches Wirken in Neuss, Neuss 1989

Karte

Industriestraße 31
41460 Neuss