Geschichte
Die Herstellung frischen Fleisch- und Wurstwaren setzt ein Höchstmaß an Sauberkeit voraus. Um hier ein Mindestmaß an Hygiene zu gewährleisten, wurde seit dem Mittelalter die Schlachtung und der Verkauf überwacht und in öffentlich beaufsichtigten Einrichtungen zentralisiert.
In Neuss wird bereits 1333 eine erste stätische Fleischhalle auf der Südseite des Marktes erwähnt, die in den folgenden Jahrhunderten in verschiedenen Gebäuden erwähnt wird. Kartografisch fassbar wird das städtische Schlachthaus, das 1830 am Ufer der Erft, südlich des Hessentores in der Brückenstraße errichtet wird. Im Vorgriff auf das 1868 erlassene Verbot von Hausschlachtungen in den Städten wird 1865 auf der östlichen Seite des Erftkanals ein Neubau errichtet, dessen Erweiterung 1885/86 geplant wird.
Im Zuge des Hafenausbaus kommt es zu einer Verlagerung des Schlachthauses an die nördliche Peripherie der Stadt. In der Büdericher Straße wird ab 1903 ein neuer Schlachthof erbaut, der 1905 eröffnet werden kann.
Die Errichtung von Schlachthöfen gehörte Ende des 19./Beginn des 20. Jh. zur kommunalen Grundversorgung für eine sprunghaft wachsenden städtischen Bevölkerung. Die alten Anlagen, die meist nach dem Verbot der Hausschlachtungen in Preußen um 1868 erbaut worden waren, konnten den Bedarf an Fleisch- und Wurstwaren nicht mehr decken. Der Bau der neuen Anlagen wurde technisch durch die Einführung der Kühlmöglichkeiten (Linde-Kältemaschinen ab etwa 1880) und räumlich durch die Ausdehnung der Städte bestimmt. Der neu definierten Bauaufgabe widmeten sich zahlreiche Publikationen, die in detaillierter Ausführung die Anlage und den Betrieb neuzeitlicher Schlacht- und Viehhöfe beschrieben.
Der neuen Bauaufgabe widmete sich auch Walter Frese (1872-1949), der sich auf den Bau von Schlachthöfen spezialisiert hatte und auch für den Neubau in Neuss verantwortlich zeichnete. Seinen ersten Schlachthof hatte er 1899 in Düren, damals noch als „bauleitender Architekt“, erbaut. Danach machte er sich selbstständig und errichtete weiter Anlagen im Rheinland.
Vor dem 1. Weltkrieg eröffnete er in Bonn ein Technisches Büro für den Bau und die Projektierung von Schlacht- und Viehhofanlagen, das er nach dem Krieg nach Berlin verlagerte.
Bei seinen Schlachthofanlagen orientiert sich Frese an den Empfehlungen zum Bau und Betrieb öffentlichen Schlachthöfe, die u.a. von Oscar Schwarz u.a. für Städte zwischen 20.000 und 50.000 Einwohner publiziert hatte.
Im Zentrum der achsial angeordneten Baugruppe stand bei seinen Entwürfen das Maschinenhaus mit dem Wasserturm, praktisch als Wahrzeichen der Gesamtanlage. Die weiteren Gebäude schlossen sich im rückwärtigen Bereich an und waren mit dem „Haupthaus“ durch überdachte Gänge verbunden. Den Eingang des, mit einer Mauer umzäunten Schlachthofes flankierten die Wohnhäuser der Beamten und Direktoren.
Von den Gebäuden des Schlachthofes wurden im 2. Weltkrieg u.a. eines der Wohnhäuser für die Angestellten sowie der Seuchenschlachthof und die Pferdeschlachtung ganz zerstört. Die übrigen Gebäude wurde teilzerstört.
Der Wiederaufbau erfolgte in mehreren Bauabschnitten nach 1952, wobei die Architektur der Neu- und Anbauten keinen Bezug zur noch vorhandenen historischen Bausubstanz aufnahm. Mitte der 1980er Jahre wurde der Schlachtbetrieb eingestellt. Die Anlage wurde an die Fleischversorgung Neuss GmbH zunächst verpachtet und schließlich 2011 verkauft. Heute befindet sich hier ein Schlachtbetrieb, der die Tiere nach Islamischen Ritus schlachtet und zerlegt.
Heute historische Bauteile stark sanierungsbedürftig.
Literatur
- Oscar Schwarz, Bau, Einrichtung und Betrieb öffentlicher Schlacht- und Viehhöfe, Berlin 1898
- Georg Osthoff, Handbuch der Architektur, 4. Teil, 3. Halb-Band, 2. Heft: Gebäude für Lebensmittelversorgung. Schlachthöfe und Viehmärkte, Darmstadt 1891
Foto: Stadtarchiv Neuss
Karte
Büdericher Straße 5
41460 Neuss